2.2 Rechnernetze

2.2.1 Typen von Rechnernetzen

Rechnernetze lassen sich nach vielerlei Gesichtspunkten klassifizieren, z.B. nach dem verwendeten Übertragungsmedium (Kupferkabel, Glasfaserkabel oder drahtlose Übertragung über Satelliten), der Netzwerktopologie (Ring, Bus, Sternstruktur, vollvermaschtes Netz etc.), Punkt-zu-Punkt- vs. Mehrpunktverbindung[5], Leitungs- vs. Paketvermittlung oder nach räumlicher Entfernung [Ta88, Ha92]. Für unsere Überlegungen ist vor allem die Einteilung nach räumlicher Entfernung von Interesse, wobei man grob vier Kategorien unterscheiden kann [GR93]:

Ein Cluster besteht aus mehreren räumlich benachbarten Rechnern, die typischerweise nur wenige Meter voneinander getrennt sind. Die Kommunikation erfolgt über ein Hochgeschwindigkeitsnetz mit hoher Übertragungsbandbreite und kurzen Nachrichtenlaufzeiten. Lokale Netze erlauben größere Entfernungen zwischen den Rechnern bis zu wenigen Kilometern, Stadtnetze von bis zu ca. 100 km. Darüber hinaus spricht man von Weitverkehrsnetzen, die auch mehrere Kontinente umfassen können. Cluster und LANs befinden sich i.a. im Eigentum eines einzelnen Betriebes, während MAN und WAN üblicherweise öffentliche Netze nutzen.

Die genannten Netzwerktypen weisen erhebliche Unterschiede bezüglich Leistungs- und Verfügbarkeitsmerkmalen auf. Grob gesagt nehmen sowohl Leistungsfähigkeit als auch Fehlertoleranz (gegenüber Leitungsausfall, Nachrichtenverlust, Nachrichtenduplizierung etc.) mit zunehmender geographischer Verteilung stark ab. Während innerhalb eines Clusters derzeit Übertragungsbandbreiten von ca. 1 Gbit/s erreicht werden, operieren typische LANs wie Ethernet oder Token-Ring zwischen 10 und 16 Mbit/s. Im LAN-Bereich erreicht der neuere FDDI-Standard auf Basis von Glasfaserverbindungen jedoch bereits 100 Mbit/s. Die Übertragungsgeschwindigkeit von Weitverkehrsnetzen liegt dagegen derzeit meist zwischen 10 Kbit/s und 2 Mbit/s [Ha92]. Die Übertragungsdauer im Weitverkehrsbereich ist jedoch nicht nur durch die (derzeit) relativ geringe Bandbreite beeinflußt, sondern auch durch die aufgrund der großen geographischen Entfernungen beträchtlichen Signallaufzeiten, die letztlich durch die Lichtgeschwindigkeit begrenzt sind. Die Übertragungsdauer einer Nachricht ist zudem noch stark vom CPU-Aufwand zur Abwicklung des Kommunikationsprotokolls abhängig.

Zur Verdeutlichung der Leistungssunterschiede sind in Abb. 2-7 Schätzwerte für die Latenzzeit (Signallaufzeit), Bandbreite sowie Übertragungsdauer einer Nachricht von 1 KB für die Jahre 1990 und 2000 zusammengestellt. Die Übertragungsdauer enthält dabei die durch die geographische Entfernung bestimmte Signallaufzeit sowie die durch die Bandbreite begrenzte Übertragungszeit als auch CPU-Belegungszeiten zur Abwickung des Kommunikationsprotokolls. Man erkennt, daß die Übertragungsbandbreite durch die Verwendung von Glasfaserverbindungen selbst im Weitverkehrsbereich in naher Zukunft stark erhöht wird und damit keinen leistungsbegrenzenden Faktor mehr darstellt. Dennoch werden Weitverkehrsnetze auch künftig signifikant langsamer als lokale Netze bleiben, da die Übertragungszeiten zunehmend durch die Signallaufzeiten (Lichtgeschwindigkeit) dominiert werden [GR93]. In lokalen Netzen (Cluster, LAN) sind die Übetragungszeiten bereits heute nicht von der Bandbreite, sondern durch den CPU-Aufwand zur Kommunikationsabwicklung begrenzt. Hier sind jedoch durch die steigenden CPU-Geschwindigkeiten auch erhebliche Verbesserungen zu erwarten. Die CPU-Kosten für die Kommunikation im Weitverkehrsbereich liegen aufgrund der aufwendigeren Protokolle absolut deutlich höher als in lokalen Netzen (z.B. 50,000 Instruktionen pro Sendevorgang für WAN vs. 1000-10000 Instruktionen für Cluster oder LAN).

Abb. 2-7: Kennzeichnende Leistungsmerkmale von Rechnernetzen [GR93]
 DurchmesserLatenzzeitBandbreite (Mbit/s)Übertragung 1 KB
1990 20001990 2000
Cluster100 m0,0005 ms1000100010 ms0,005 ms
LAN1 km0,005 ms101000 1 ms0,01 ms
MAN100 km5 ms 1 10010 ms0,6 ms
WAN10.000 km50 ms0,05100210 ms50 ms


[5] Mehrpunktverbindungen erlauben eine Nachricht gleichzeitig an mehrere Rechner zu übertragen, um z.B. eine Multicast- oder Broadcast-Übertragung zu realisieren.