3.3 Mehrrechner-DBS mit funktionaler Spezialisierung
3.3.1 Workstation/Server-Datenbanksysteme
In Workstation/Server-DBS erfolgt eine Zweiteilung der DBVS-Funktionalität zwischen Workstation-DBVS und Server-DBVS (Abb. 3-5). Die Nutzung von Workstations für die DB-Verarbeitung kann eine Verbesserung der Kosteneffektivität ergeben, da diese Rechnertypen i.a. auf Mikroprozessoren basieren und ein günstiges Preis-/Leistungsverhältnis gegenüber allgemeinen Verarbeitungsrechnern (vor allem Mainframes) aufweisen. Außerdem lassen sich möglicherweise die Bearbeitungszeiten von Transaktionen verkürzen, wenn eine weitgehend lokale DB-Verarbeitung auf den Workstations möglich ist, da deren Verarbeitungskapazität i.a. einem Benutzer exklusiv zur Verfügung steht (Einbenutzerbetrieb auf Workstation-Seite). Dies gilt vor allem für komplexere Verarbeitungsvorgänge bei sogenannten "Nicht-Standard"-DB-Anwendungen wie CAD, Software Engineering, u.ä., wie sie vor allem von objekt-orientierten Datenbanksystemen unterstützt werden sollen. Solche Systeme (GemStone, Iris, O2 etc.) sind daher auch nahezu ausschließlich als Workstation/Server-DBS realisiert.
Abb. 3-5: Grobstruktur von Workstation/Server-Datenbanksystemen
Für die Funktionsaufteilung sowie Kooperation zwischen Workstation- und Server-DBS bestehen unterschiedliche Möglichkeiten. Generell realisiert das Server-DBVS globale Dienste wie Externspeicherverwaltung, Synchronisation und Logging, während Anfragen durch das Workstation-DBVS verarbeitet werden. Weiterhin erfolgt eine Pufferung von DB-Objekten durch die Workstation-DBVS, um durch Nutzung von Lokalität Kommunikationsvorgänge mit dem Server-DBVS einzusparen. Funktionen wie Pufferverwaltung oder Anfrageverarbeitung können jedoch auch auf Server-Seite vorliegen, so daß sich eine teilweise Replizierung von DBVS-Funktionen ergibt. Als Aufrufeinheiten zwischen Workstation- und Server-DBVS kommen vor allem mengenorientierte Teilanfragen, einzelne Objekt-/Satzanforderungen oder Seitenanforderungen in Betracht, so daß man entsprechend auch von Query-, Objekt- und Page-Server-Ansätzen spricht. Eine Gegenüberstellung dieser Ansätze findet sich u.a. in [DFMV90, HMNR95].
Technische Probleme bei der Realisierung von Workstation/Server-DBS betreffen die Festlegung geeigneter Kooperationsformen zwischen Workstation- und Server-DBVS mit Hinblick auf eine hohe Leistungsfähigkeit. Die replizierte Pufferung von Objekten in den Workstations führt zu einem ähnlichen Kohärenzproblem wie bei Shared-Disk-DBS. Die unterschiedlichen Ausstattungs-, Zuverlässigkeits- und Leistungsmerkmale von Workstations und Server-Rechnern haben Rückwirkungen auf Logging und Recovery, insbesondere die Commit-Behandlung. Darüber hinaus erfordert eine geeignete Unterstützung von Nicht-Standard-Anwendungen erweiterte Transaktions- bzw. Verarbeitungskonzepte (z.B. für lang-lebige Entwurfsvorgänge). Diese Aspekte sind Gegenstand zahlreicher Forschungsarbeiten, können jedoch im Rahmen dieses einführenden Buches nicht mehr behandelt werden.
Die diskutierten Workstation/Server-DBS für Nicht-Standard-Anwendungen stellen integrierte Mehrrechner-DBS dar, da dabei eine logische Datenbank vorliegt und vollkommene Verteilungstransparenz geboten wird. Föderative Mehrrechner-DBS können jedoch auch Client/Server-Architekturen nutzen, indem z.B. von einem Workstation-DBS aus auf unabhängige Server-DBS zugegriffen wird (Kap. 11.1).